Tag 273 – über 1222 Tote und 9278 Angeklagte/Inhaftierte
U Win Htein, ein ranghohes Mitglied der NLD, wurde wegen Aufwiegelung zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Der mittlerweile 80-jährige Mann war schon zwischen 1962 und 2011, unter früheren Militärregierungen, immer wieder inhaftiert.
Er ist das erste hochrangige NLD-Mitglied, das von der Junta verurteilt wurde. Er gehört jedoch nicht zu denjenigen, die am Morgen des 1. Februar entführt wurden. Allerdings wurde er festgenommen und sofort des Hochverrats angeklagt, als er Min Aung Hlaing in einem Interview mit lokalen Medien als “erbärmlich” bezeichnete, weil er den Putsch begangen hat.
An diesem Wochenende wurde eine weltweite “Blutgeld”-Kampagne organisiert. Die Kampagne forderte die Öl- und Gaskonzerte auf, alle Zahlungen an die Militärjunta von Myanmar einzufrieren, um deren Einkommen zu schmälern; insbesondere TotalEnergeis (Frankreich) und die Chevron Corporation (USA) sollen alle Zahlungen auf Treuhandkonten einbehalten. Die Aktivisten fordern auch die internationalen Regierungen auf, Sanktionen gegen Myanmar Oil und Gas Enterprise zu verhängen. Innerhalb des Landes marschierten Demonstranten aus den Regionen Sagaing, Taninthayi, Mandalay und Yangon mit Bannern der Blutgeld-Kampagne, und auch imBundesstaat Kayin gab es eine nächtliche Demonstration mit der gleichen Forderung. Die Free Workers’ Union (FAU) und die Industrial Workers of the World (IWW) organisierten einen Protest vor der Chevron Europe-Niederlassung in Hamburg, und ein weiterer Protest wurde vor der Total-Tankstelle in Dresden durchgeführt.
Die Militärregierung plant, ab dem 1. November die Grundschulen in einigen Gemeinden zu eröffnen. Die Basic Education Student Affairs Federation (BESAF) forderte die Bevölkerung auf, sich nicht in den von der Junta kontrollierten Schulen einzuschreiben oder diese zu besuchen. In der Erklärung der BESAF wurde auf die Misswirtschaft des Regimes im Juli hingewiesen, als die Schulen gezwungen wurden, zu öffnen, was zu einem unkontrollierbaren Ausbruch von COVID-19 führte. Jetzt zwingt die Regierung von Min Aung Hlaing erneut die Schulen zu öffnen, mit dem Versprechen an die Eltern, dass die Kinder unter 12 Jahren geimpft werden, während die Weltgesundheitsorganisation nicht einmal die Impfung von Kindern unter 18 Jahren erlaubt hat. Das Regime hat noch nicht bekannt gegeben, welcher COVID-19-Impfstoff den jungen Schülern verabreicht werden soll.
Der Brandanschlag auf die Stadt Thantlang bewies erneut die unglaubliche Brutalität der Junta. Der Vertreter der NUG bei den Vereinten Nationen, Botschafter U Kyaw Moe Tun, erwähnte den jüngsten Vorfall in Thantlang in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 29. Oktober, in der er auf die fortgesetzten Verbrechen des Regimes gegen die Menschlichkeit hinwies und zu sofortigen internationalen Maßnahmen aufrief. Die Chinland Defense Force (CDF) – Thantlang sammelte Daten vor Ort und berichtete, dass insgesamt 163 Häuser und zwei Kirchen niedergebrannt wurden. Dank des Regimes konnte das Feuer gelöscht werden, aber viele Bewohner, die aufgrund der Zusammenstöße aus ihren Häusern geflohen waren, haben jetzt keine Häuser mehr, in die sie zurückkehren könnten.
Die NUG hat in der Außenpolitik einige Fortschritte erzielt. Der Interimspräsident der NUG, Duwa Lashi La, und die Außenministerin, Daw Zin Mar Aung, trafen am 25. Oktober virtuell mit dem nationalen Sicherheitsberater der USA zusammen, der die fortgesetzte Unterstützung der USA für die pro-demokratische Bewegung in Myanmar unterstrich.
Die Nachricht wurde auf der Facebook-Seite der US-Botschaft in Rangun geteilt und von der Öffentlichkeit mit überwältigender Mehrheit begrüßt – einige interpretierten den Schritt als offizielle Anerkennung der NUG.
Außerdem ernannte die NUG am 24. Oktober einen Botschafter bei der ASEAN. Es handelt sich um U Bo Hla Tint, der bis 2012 in der National Coalition Government of the Union of Burma (NCGUB) als Außenminister tätig war. Es ist noch nicht bekannt, ob die ASEAN die Ernennung akzeptiert hat oder akzeptieren wird.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat Noeleen Heyzer aus Singapur zu seiner neuen Sondergesandten für Myanmar ernannt. Frau Heyzer wird Nachfolgerin von Christine Schraner Burgener, die das Amt 2018 übernommen hat. Frau Burgener hat ihr Bestes gegeben, um einen allumfassenden Dialog im Interesse der Bevölkerung zu ermöglichen, wurde aber von der Junta wiederholt abgelehnt.
In Ihrer Rede vor der UNO-Generalversammlung in diesem Jahr erwähnte sie, dass aufgrund des fehlenden Willens der Junta für eine friedliche Lösung die gewaltsame Mittel für das Volk unausweichlich wurden. Die neu ernannte Frau Heyzer ist nicht neu in unserem Land, da sie zuvor mit der ASEAN und der damaligen Militärregierung unter General Than Shwe zusammengearbeitet hat, um die Reaktion UNO auf den Wirbelsturm Nargis im Jahr 2008 zu unterstützen.
Das Aussenministerium der Junta gab gestern Abend eine Erklärung ab, in der es heißt, dass entweder Min Aung Hlaing oder ein Minister der Union zum ASEAN-Gipfel eingeladen werden müsste und dass man keine niedrigere Position zur Vertretung des Landes entsenden werde, da es gegen die Prinzipien der ASEAN verstosse, den selbsternannten Premierminister Myanmars auszuschließen. Der SAV lehnte es daher ab, den ranghöchsten altgedienten Diplomaten des Landes, Chan Aye, zu entsenden, der als “nicht politischer” Vertreter des andes eingelaen war. Daher begannen der 38. und 39. ASEAN-Gipfel heute ohne den Vertreter aus Myanmar. Beichten zufolge kritisierten viele führende Politiker die Junta dafür, dass sie weder den eingeladenen Vertreter entsandt noch den vor sechs Monaten vereinbarten Friedensfahrplan ignoriert hat. Ismail Sabri, der Premierminister Malaysias, twitterte: “Malaysia unterstützt voll und ganz die Entscheidung des ASEAN-Vorsitzes in der Frage der Vertretung Myanmars”.
Daw Aung San Suu Kyi hat diese Woche vor Gericht eine Anklage wegen Aufwiegelung durch die Junta zurückgewiesen. Sie wurde am 1. Februar zusammen mit dem inhaftierten Präsidenten U Win Myint und dem Bürgermeister von Naypyidaw nach Strafgesetzbuch 505b angeklagt. Daw Aung San Suu Kyi weigerte sich, Zeugen vorzuladen und bestand darauf, sich selbst zu verteidigen, da sie befürchtete, dass jeder, der für sie aussagen würde, vom Regime ins Visier genommen werden könnte. Nach der Gerichtsanhörung sagte einer der Anwälte ihres Verteidigungsteams, der wegen der von der Junta verhängten Schweigepflicht um Anonymität bat, zu Myanmar Now, dass die inhaftierte Führerin “ihre Unschuld sehr gut verteidigen konnte”.