21.04.2023
Kanbalu Massaker erfordert entschiedenes Handeln der Bundesregierung und Europäischen Union – vier Forderungen der deutschen Solidaritätsbewegung
Sehr geehrte Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses,
sehr geehrte Abgeordnete,
wir wenden uns an Sie in tiefer Betroffenheit nach dem Kanbalu Massaker in Myanmar am 11. April 2023 (auch Pazigyi Massaker genannt), dem tödlichsten in einer langen Reihe von mehr als 600 Luftangriffen seit dem Militärputsch im Februar 2021. Nach dem letzten Lagebericht der demokratischen Opposition (via das Ministerium für Menschenrechte im National Unity Government) kamen bei dem Angriff auf eine Versammlung von Zivilisten in der Region Sagaing insgesamt 168 Menschen ums Leben, darunter 21 Kinder. Mehr als 300 Menschen mussten evakuiert werden, teilweise mit schwersten Verletzungen.
Dabei ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass das Kanbalu Massaker kein Einzelfall ist. Laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) der University of Sussex wurden im Jahr 2022 in Myanmar weltweit die höchste Zahl von Gewalttaten gegen Zivilisten durch im Inland operierende staatliche Kräfte verzeichnet. Myanmar verzeichnet mehr als doppelt so viele Vorfälle dieser Art wie Afghanistan.
Die Militärjunta hat internationalen Beobachtern des Special Advisory Council – Myanmar zufolge lediglich die Kontrolle über 17% des Landes. Je mehr sie am Boden die Kontrolle verliert, desto stärker verlagert sich die wahllose Gewalt des Regimes in die Luft. Die BBC hat auf der Grundlage der ACLED-Daten mehr als 600 Luftangriffe identifiziert – darunter auf Kirchen, Konzerte und Schulen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die verheerenden Luftangriffe der Myanmar Air Force Kriegsverbrechen sind und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.
Und dennoch ist Myanmar ein vergessener Konflikt und der Auswärtige Ausschuss widmete sich diesem Thema bisher in lediglich drei Sitzungen.
German Solidarity with Myanmar Democracy dringt daher auf eine entschiedende Reaktion auf diese jüngste Gräueltat und eine Intensivierung der Myanmar-Politik der Bundesregierung. Insbesondere stellen wir folgende vier Forderungen:
1. Die Unterstützung für die demokratische Opposition muss dramatisch verstärkt werden und Deutschland sollte ähnlich zu seinen transatlantischen Partnern auch “Non-Lethal Support” für das National Unity Government bewilligen und liefern, z.B. Radar- und Kommunikationsequipment, Schutzausrüstung und medizinische Güter.
2. Die Aufnahme von Opfern der Luftangriffe in Deutschland aus humanitären Gründen, insbesondere für die medizinische Versorgung von Schwerverletzten, sollte zusammen mit europäischen Partnern vorangetrieben werden, in Kooperation mit Nichtregierungs-Organisationen wie Médécins sans Frontières und Medico.
3. Die Sanktionen von Flugbenzin müssen – aufbauend auf dem EU-Sanktionspaket vom 20.02.2023 – ausgebaut werden und auch die Lieferung von Flugbenzin für zivile Zwecke sollte untersagt werden. Recherchen von Amnesty International belegen klar, dass kein Importeur von Flugbenzin garantieren kann, dass Treibstoff nicht in die Hände der Myanmar Air Force fällt.
4. Die Lieferung von Flugverteidigungssystemen an Kräfte des demokratischen Widerstands sollte formal vom Waffenembargo der Europäischen Union ausgenommen werden. Selbst wenn westliche Regierungen nicht selbst Waffen an das National Unity Government oder Ethnic Armed Organisations liefern, sollte die Beschaffung von Systemen zur Verteidung gegen die Luftangriffe der Junta nicht unter Strafe stehen.
Diese Maßnahmen stehen in keinem Vergleich zu den Schritten, die die Bundesregierung aktuell unternimmt, um ukrainische Zivilisten von den Kriegsverbrechen der russischen Armee zu schützen. Aber sie würden eine erste konkrete Unterstützung der demokratischen Opposition ermöglichen und ein klares Signal senden, dass Europa die wahllose Gewalt gegen Zivilisten in Myanmar nicht länger hinnimmt.
Mit freundlichen Grüßen,
GSwMD e.V.