In einem gemeinsamen offenen Brief fordert GSwMD e.V. mit 10 anderen Organisationen, in der Haushaltplanung des Auswärtigen Amts die humanitäre Lage in Myanmar zu berücksichtigen und für entschiedene Maßnahmen zu priorisieren.
Nach unserem Schreiben vom 29.04.2022 an Staatsminister Linder in dieser Angelegenheit, senden wir heute einen offenen Brief an die zuständigen Personen für den Haushalt des Auswärtigen Amtes, Frau Wiebke Papenbrock und Herr Andreas Larem.
Offener Brief:
Haushaltplanung Auswärtiges Amt und humanitäre Hilfen für Myanmar
Sehr geehrte Frau Papenbrock,
sehr geehrter Herr Larem,wir schreiben Ihnen mit dem Anliegen, in der Haushaltsplanung des Auswärtigen Amts die humanitäre Lage in Myanmar zu berücksichtigen und für entschiedene Maßnahmen zu priorisieren.
Die unterzeichnenden Organisationen sind in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe aktiv und engagieren sich für die Menschenrechte in Myanmar. Entwicklungshelfer erleben aktuell eine beispiellose Notlage in dem Land, die Ernährung von 13 Millionen Menschen ist akut gefährdet. Über eine halbe Million Menschen wurden allein seit dem Putsch vertrieben und fristen nun überwiegend als Binnenflüchtlinge eine prekäre Existenz. Nicht umsonst stufte das International Rescue Committee in seiner 2022 Emergency Watchlist Myanmar als eine der zehn gefährlichsten humanitären Krisen im Jahr 2022 ein, die die Welt nicht ignorieren kann.
Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) stellte im Januar 2022 fest:
„Die Armut ist auf einem Niveau, das seit 2005 nicht mehr erreicht wurde und fast die Hälfte der Bevölkerung kann sich nicht mehr ausreichend versorgen. Aufgrund steiler Preissteigerungen, kombiniert mit Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten, können sich viele Familien nicht mehr genügend Lebensmittel leisten und rutschen zum ersten Mal in eine humanitäre Notlage. Mehr als 13 Millionen Menschen sind von mäßiger oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, und die Aussichten auf Unterernährung sind katastrophal, wenn wir nicht sofort eingreifen.“Das Gesundheits- und Bildungssystem in Myanmar, ausgehöhlt durch die COVID-19-Pandemie und die Kampagne des zivilen Ungehorsams, ist im Kollaps begriffen. Der anhaltende Konflikt in ethnischen Gebieten und in Zentralmyanmar beeinträchtigt die Ernten und den Lebensunterhalt vieler Myanmarer auf drastische Weise. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) sagt voraus, dass “die kombinierten Auswirkungen des Militärputsches und der COVID-19-Pandemie fast die Hälfte der Bevölkerung Myanmars in diesem Jahr in die Armut treiben könnten”.
Die Vereinten Nationen beziffern ihren Humanitarian Response Plan 2022 daher mit über 740 Millionen Euro. Und selbst dieser Plan adressiert weniger als die Hälfte des analysierten Bedarfs und priorisiert 6,2 Millionen Menschen für die dringlichste Unterstützung.
Dennoch waren zum Ende des ersten Quartals von 2022 nur 5% dieses Plans durch internationale Geldgeber finanziert worden. Ohne eine internationale Geberkonferenz fehlt die nötige Aufmerksamkeit für die katastrophale Lage der myanmarischen Bevölkerung – gebeutelt von Pandemie, Wirtschaftskrise und offenem Bürgerkrieg.Es ist erfreulich, aber bei weitem nicht ausreichend, dass die Bundesregierung dem Humanitarian Response Plan bereits € 2,5 Mio. zugesichert hat und im Jahr 2022 bisher insgesamt € 4,2 Mio. für humanitäre Projekte in Myanmar eingesetzt hat. Aber mit Deutschland als zweitgrößtem Geber humanitärer Hilfe weltweit kann das Maßnahmenpaket der Vereinten Nation nur mit entschiedener deutscher Unterstützung und einer signifikanten Aufstockung dieser Summen realisiert werden.
Myanmar stellt die größte humanitäre Krise in der strategisch zentralen Indopazifik-Region dar, der sich Deutschland gerade nach den Leitlinien zum Indo-Pazifik von 2020 in besonderem Maße verpflichtet fühlt. Daher appellieren wir eindringlich an den Bundestag, im Haushalt des Auswärtigen Amts eine deutliche Aufstockung der humanitären Hilfe für Myanmar einzuplanen.
Mit freundlichen Grüßen