In einem gemeinsamen offenen Brief fordert GSwMD e. V. mit 9 Organisationen, in der Haushaltsplanung die humanitäre Lage in Myanmar zu berücksichtigen und für entschiedene Maßnahmen zu priorisieren.
Hilf mit und fordere auch Du die Abgeordneten auf, hierzu Ihre Stimme abzugeben. Alles was Du dafür benötigst, findet Du hier:
Offener Brief:
Haushaltsplanung 2023 – Auswärtiges Amt und humanitäre Hilfen für Myanmar
Sehr geehrte Mitglieder des Haushaltsausschusses,
wir schreiben Ihnen mit dem Anliegen, in der Haushaltsplanung des Auswärtigen Amts für 2023 die dramatische humanitäre Lage in Myanmar besonders zu berücksichtigen und die Mittel hierfür zu priorisieren, sowie deutlich zu erhöhen.
Die unterzeichnenden Organisationen sind in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe aktiv und engagieren sich für die Menschenrechte in Myanmar. Entwicklungshelfer*innen erleben aktuell eine beispiellose Notlage in dem Land, die Ernährung von 13 Millionen Menschen ist akut gefährdet. Mehr als 800.000 Menschen wurden allein seit dem Putsch vertrieben und fristen nun überwiegend als Binnenflüchtlinge eine prekäre Existenz. Nicht umsonst stufte das International Rescue Committee, in seiner 2022 Emergency Watchlist, die Situation in Myanmar als eine der zehn gefährlichsten humanitären Krisen in 2022 ein, die die Welt nicht ignorieren kann.
Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) stellte im Januar 2022 fest:
„Die Armut ist auf einem Niveau, das seit 2005 nicht mehr erreicht wurde und fast die Hälfte der Bevölkerung kann sich nicht mehr ausreichend versorgen. Aufgrund steiler Preissteigerungen, kombiniert mit Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten, können sich viele Familien nicht mehr genügend Lebensmittel leisten und rutschen erstmals in eine humanitäre Notlage.
Mehr als 13 Millionen Menschen sind von mäßiger oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, und die Aussichten auf Unterernährung sind katastrophal, wenn wir nicht sofort eingreifen.“
Das Gesundheits- und Bildungssystem in Myanmar, ausgehöhlt durch die COVID-19-Pandemie und die Kampagne des zivilen Ungehorsams, ist im Kollaps begriffen. Der anhaltende Konflikt in ethnischen Gebieten und in Zentralmyanmar beeinträchtigt die Ernten und den Lebensunterhalt vieler Myanmarer auf drastische Weise.
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) sagt voraus, dass “die kombinierten Auswirkungen des Militärputsches und der COVID-19-Pandemie fast die Hälfte der Bevölkerung Myanmars in diesem Jahr in die Armut treiben könnten”. Im Jahr 2023 – wie schon im Jahr 2022 – wird die internationale Gemeinschaft daher mit einer humanitären Katastrophe konfrontiert sein, die immer weiter außer Kontrolle gerät.Der Humanitarian Response Plan 2022 der Vereinten Nationen wurde daher mit über 740 Millionen Euro beziffert. Bis Ende Juli 2022 wurden jedoch nur 13% des Plans durch internationale Geldgeber finanziert und es gibt keine Anzeichen, dass sich diese Situation 2023 verbessern wird. Es fehlt die nötige Aufmerksamkeit für die katastrophale Lage der myanmarischen Bevölkerung – gebeutelt von Pandemie, Wirtschaftskrise und offenem Bürgerkrieg.
Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung dem Humanitarian Response Plan bereits € 3,8 Mio. zugesichert hat und im Jahr 2022 bisher insgesamt € 7,3 Mio für humanitäre Projekte in Myanmar einsetzt. Aber mit Deutschland als zweitgrößtem Geber humanitärer Hilfe weltweit kann auch im Jahr 2023 das Maßnahmenpaket der Vereinten Nation nur mit entschiedener deutscher Unterstützung und einer signifikanten Aufstockung bisheriger Summen realisiert werden.
Zusätzlich sollte die Bundesregierung sicherstellen, dass humanitäre Hilfen verstärkt über Institutionen der Demokratiebewegung geleistet werden. Dazu zählen das National Unity Government und die zivilen Zweige von ethnischen bewaffneten Organisationen (Ethnic Armed Organisations oder kurz EAOs), aber auch andere zivilgesellschaftliche Strukturen wie Streik-Komitees und Gruppen in der Bewegung des zivilen Ungehorsams (Civil Disobedience Movement oder kurz CDM).
Das Gremium des National Unity Consultative Council eignet sich für die Koordination solcher Vorhaben und bringt alle oben genannten Akteure zusammen. Wir unterstützen die Analyse des United States Institute of Peace die ergab, dass die humanitären Mittel für diese Akteure mindestens verdoppelt werden müssen.Sowohl OCHA als auch ASEANs Zentrum für humanitäre Unterstützung (AHA) priorisieren bisher humanitäre Hilfen in Kooperation mit der Militärjunta, die in Myanmar die Macht ergriffen hat. De facto hat jedoch das Militärregime des State Administrative Council inzwischen nur noch einen Anteil des myanmarischen Staatsgebiets unter seiner direkten Kontrolle. Große Teile werden vom National Unity Government, von People’s Defense Forces und Ethnic Armed Organisations kontrolliert und immer mehr auch verwaltet. Ohne die Einbindung dieser Institutionen, z. B. durch humanitäre Korridore, können viele vulnerable Gruppen in Myanmar in Zukunft nicht erreicht werden.
Die Situation in Myanmar stellt die größte humanitäre Krise in der strategisch zentralen Indopazifik-Region dar, der sich Deutschland gerade nach den Leitlinien zum Indo-Pazifik von 2020 in besonderem Maße verpflichtet fühlt.
Daher appellieren wir eindringlich an den Bundestag, eine deutliche Aufstockung der humanitären Hilfe für Myanmar einzuplanen und insbesondere Institutionen der Demokratiebewegung stärker mit humanitären Mitteln zu unterstützen.Mit freundlichen Grüßen,
Die unterzeichnenden Organisationen